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Pressemitteilung der Gemeinde Denkendorf zum Moratorium der Greensill-Bank AG

 

Pressemitteilung der Gemeinde Denkendorf zum Moratorium der Greensill-Bank AG

12.03.2021

 

 

 

Wie am vergangenen Mittwochabend, 3. März 2021, bekannt wurde, hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für die Greensill Bank AG ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot erlassen. Zugleich untersagte die BaFin der Greensill Bank AG Zahlungen entgegen zu nehmen, die nicht zur Tilgung von Schulden gegenüber der Greensill Bank AG dienen. Ziel dieses Moratoriums ist es, Vermögenswerte in einem geordneten Verfahren zu sichern. Hintergrund hierfür ist, dass anlässlich einer Sonderprüfung festgestellt wurde, dass die Greensill Bank AG nicht in der Lage ist, den Nachweis über die Existenz von bilanzierten Forderungen zu erbringen, die die Greensill Bank AG von der GFG Alliance Group angekauft hat. Die BaFin hat zudem Strafanzeige wegen Bilanzmanipulation erstattet. Zu den potentiell Geschädigten gehört auch die Gemeinde Denkendorf. Presseberichten zufolge sollen neben zahlreichen Privatanlegern auch 50 Kommunen – darunter auch die Städte Osnabrück, Wiesbaden, Gießen, Monheim im Rheinland und in Bayern die Gemeinden Vaterstetten, Puchheim und Pöcking  von der drohenden Abwicklung der Bank betroffen sein.

Die Gemeinde Denkendorf hat aktuell eine Million Euro als Festgeld bei der Greensill Bank AG angelegt. Es handelt sich hierbei um ein mit 0,4 Prozent verzinstes Termingeld.

Erste Bürgermeisterin Claudia Forster: „Ich bin entsetzt über diese Nachricht. Wir haben ja keine spekulativen Finanzgeschäfte vorgenommen mit undurchsichtigen Produkten, sondern ganz konservativ Festgeld bei einer deutschen Bank angelegt. Wir haben auf die deutsche Bankenaufsicht vertraut. Offenbar sind nicht nur wir, sondern auch viele andere Sparer und Anleger wohl Opfer einer fehlerhaften Abschlussprüfung, möglicherweise aber auch krimineller Machenschaften geworden. Die BaFin hat auf jeden Fall zu lange gezögert.“

Welche Folgen hätte eine Insolvenz? Während Anlagen privater Anleger bei Feststellung des Entschädigungsfalls durch die BaFin neben der gesetzlichen Einlagensicherung über den Einlagensicherungsfonds der deutschen Banken abgesichert sind, besteht für die sogenannten institutionellen Anleger keine vergleichbare Sicherung. Hier greift nur die gesetzliche Einlagensicherung von bis zu einhunderttausend Euro. Ansonsten wird es von der Höhe des noch vorhandenen Vermögens der Bank und der Höhe der Forderungen anderer Gläubiger abhängen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Forderung der Gemeinde bedient werden kann. Möglich ist also auch ein weitgehender Totalverlust der Einlage. Genaueres kann aber voraussichtlich erst nach dem Ende des Moratoriums gesagt werden.

Gemäß Art. 74 Abs. 2 Satz 2 Bayerische Gemeindeordnung haben die Gemeinden bei Geldanlagen auf eine ausreichende Sicherheit zu achten. Die Geldanlagen sollen zudem einen angemessenen Ertrag abwerfen. Nach Wegfall der Einlagensicherung für institutionelle Anleger ab dem 1. Oktober 2017 ist jede Anlage bei den Geschäftsbanken mit einem Verlustrisiko verbunden; diese Banken bieten indes immerhin noch positive Zinsen auf Geldeinlagen. Die Bankenverbände betonen, dass es bislang noch keinen Fall eines Ausfalls von Kundeneinlagen bei einer deutschen Bank gab.

Größere Anlagesicherheit besteht bei den Sparkassen und den Genossenschaftsbanken, die neben der gesetzlichen Einlagensicherung auch ein System der Institutssicherung installiert haben, also Mitgliedsinstitute bei Schieflage durch Zuwendungen stützen. Indes ist hier für Geldanlagen zumeist ein Verwahrentgelt zu zahlen, wenn überhaupt noch höhere Beträge als Einlage angenommen werden. Die Europäische Zentralbank erhebt derzeit einen Einlagenzins von 0,5 Prozent („Minuszins“). Der Bayerische Kommunale Prüfungsverband hat in seinem Geschäftsbericht 2017 ausdrücklich betont, dass weiterhin eine Geldanlage bei Privatbanken zugelassen ist.

 Die Greensill Bank hat ihren Sitz in Deutschland. Sie verfügt über eine deutsche Bankerlaubnis, unterliegt der Bankenaufsicht der BaFin und ist Mitglied des Bundesverbandes deutscher Banken sowie des Einlagensicherungsfonds. Die Geschäftspolitik der aufstrebenden Bank bestand u. a. darin, mit überdurchschnittlichen Zinsen auch den Kleinsparer anzusprechen („Weltsparen“). Sie ist als eine breit aufgestellte Publikumsbank wahrgenommen worden, die nicht nur auf wenige große Anleger abzielt. Die Bank hatte zudem im Jahr 2019 (bei Anlage) und 2020 ein gutes Rating, so dass bei der Anlage des Geldes keine Zweifel bestanden, dass die Geldanlage nicht sicher ist. Die Anlage eines Festgeldes in diesem Umfeld auf Zeit und begrenzter Höhe wurde von der Gemeindekämmerei als vertretbar eingeschätzt.

 Die Gemeinde Denkendorf hat vom Moratorium über das Vermögen der Greensill Bank AG über die Presse erfahren. Die Gemeinde hat das Landratsamt Eichstätt als Kommunalaufsichtsbehörde und als überörtliches Rechnungsprüfungsorgan informiert. Außerdem hat sich die Gemeinde eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt, um Schadensersatz- und Rückzahlungsansprüche zu prüfen und diese für die Gemeinde Denkendorf durchzusetzen. Zudem wurde der Bayerische Gemeindetag gebeten, sich auf der Ebene des Deutschen Gemeindetages für eine gemeinsame Vertretung der voraussichtlich geschädigten kommunalen Anleger einzusetzen. Hier findet bereits am Montag eine Videokonferenz der betroffenen Kommunen statt, an der auch die Gemeinde Denkendorf teilnehmen wird.

Der Vorfall ist zum Anlass genommen worden, die Anlagestrategie allgemein erneut auf den Prüfstand zu stellen und die Abläufe zur Entscheidungsfindung einer Schwachstellenanalyse zu unterwerfen. Die weitere Verfolgung der Angelegenheit erfolgt in enger Abstimmung mit dem örtlichen Rechnungsprüfungsausschuss sowie dem Gemeinderat insgesamt.

12.03.2021